liuli  
     
  Gao (1982)
Gao Zhixi 高至喜, „Cong Changsha Chu mu kan Chunqiu Zhanguo shuqi dangdi jingji wenhua de fazhan 從長沙楚墓看春秋戰國時期當地經濟文化的發展.“ In: Zhongguo kaogu xuehui dierci nianhui lunwenji 中國考古學會第二次年會論文集. Beijing: Wenwu chubanshe 文物出版社, 1982, S. 59-66.
 
     
 

Abschnitt 4: Die Produktion von liuli

Liuli ist das frühzeitliche Glas (yuanshi boli 原始玻璃), auch „Glaswaren“ (liaoqi 料器) genannt. Die frühesten liuli-Stücke in China sind die in westzhouzeitlichen Gräbern in Shaanxi, Henan und Shandong gefundenen kleinen Perlen und Röhrchen (zhuguan 珠管), die als Halsschmuck o.ä. benutzt wurden. Das meiste liuli der Zhanguozeit fand man in Chu-Gräbern in Hunan, vor allem in Changsha.
Einer ersten Zählung zufolge wurden in über 110 Chu-Gräbern in Changsha liuli Stücke gefunden. Aus über 80 der Chu-Gräber kamen über 80 liuli bi , 1 yuan , 2 huan ; aus über 30 Gräbern kamen liuli Perlen zhu und über 130 Röhrchen guan zu Tage. Außerdem fand man 2 liuli ‘Stichblätter’ er , drei liuli Schwertgriffe und ein liuli Siegel. Aus diesen liuli Funden kann man folgende Besonderheiten ableiten:

1) Die bi sind am häufigsten. Insgesamt über 80 Stücke. Sie sind milchig weiß, maisgelb, hell- oder dunkelgrün, semitransparent. Ihr Durchmesser variiert im allgemeinen zwischen 6,5 und 9,2 cm, der ‘Loch’-durchmesser (?, haojing 好徑) liegt zwischen 2,8 und 3,9 cm, die Dicke zwischen 0,2 und 0,3 cm. Deas größte Stück hat einen Durchmesser von 18 cm. Sie sind vollständig mit dem Reiskornmuster (guliwen 谷粒紋) verziert, manche weisen auf der Rückseite ein Karomuster auf, einige tragen am inneren oder äußeren Rand Linienmuster (xianwen 弦紋). Die huan und yuan sind wie die bi verziert. Abgesehen von der Häufung der Funde dieser Art liuli bi in den Chu-Gräbern von Hunan sind sie in anderen Chu-Gräbern sehr selten und tauchen in den anderen Staaten außerhalb von Chu überhaupt nicht auf.

2) Es wurden Schwertverzierungen aus liuli gefunden. Insgesamt fand man 3 Schwertgriffe. Deren Durchmesser beträgt 4,5 - 4,6 cm, die Dicke 0,4 - 0,5 cm. Zwei der Stücke sind hellgrün, eins ist maisgelb. Zwei der Schwertgriffe sind in der Mitte etwas vertieft und im Zentrum mit einem Muster wie Persimonen Blütenkelch (shidiwen 柿蒂紋), am Rand mit Reiskornmuster verziert. Das dritte Stück ist mit dem Muster wie Persimonen Blütenkelch und zwei verschlungenen Drachen dekoriert. Die zwei ‘Stichblätter’ sind maisgelb, von der Seite gesehen ähnelt ihre Form einem Ohr. Ihre oberseite ist mit Reiskornmuster verziert. Sie sind 6,2 und 6,7 cm lang. Das Stück, das 1964 im Grab Nr. 3 von Jiuweichong 九尾沖, Changsha, gefunden wurde, hatte auf einem langen Eisenschwert gelegen. Mit ihnen wurden 4 ding, 2 dui und 4 hu gefunden. Das Grab stammt aus der frühen Zhanguozeit. Diese Schwertverzierungen sind alle sehr fein gearbeitet. Außerhalb des Changsha-Gebietes sind sie sehr selten.

3) Es wurde ein liuli Siegel gefunden. 1956 fand man im Grab Nr. 41 von Zuojiatang 左家塘, Changsha, ein liuli Siegel. Es maß in Länge und Breite je 1 cm, hatte einen Knauf und druckte 2 Zeichen in zhuwen. Mit ihm fand man bemalte Keramiken vom Typ ding, dui und hu, Bronze ding, liuli Perlen, und anderes, insgesamt 16 Stücke. Das Grab datiert in die mittlere Zhanguozeit. Das Siegel lag in der Mitte des Grabes auf einer Seite, ursprünglich hatte es sicher auf der Hüfte des Toten gelegen. In das Museum der Provinz Hunan gelangten später noch ein schwarzgrünes und ein maisgelbes liuli Siegel, die auch aus Grabungen stammen. Form und Größe sind gleich, die Zeichen jedoch unterschiedlich. Diese liuli Siegel wurden bisher nur in Changsha gefunden, sie tauchen anderswo nicht auf.

4) Es wurden verhältnismäßig viele liuli Perlen gefunden. In über 50 Chu Gräbern in Changsha fand man über 130 liuli Perlen, meist eine Perle je Grab. Die meisten waren mit blau weißen Kreisen verziert, den sogenannten „Libellenaugen“ (qingtingyan shi 蜻蜓眼式). 1956 fand man im Grab Nr. 5 von Zidanku 子彈庫, Changsha, 64 liuli Perlen, die nicht verziert waren. Der Typ liuli Perlen mit „Libellenaugen“ wurde auch in anderen Chu-Gräbern in Hunan gefunden, auch die meisten der in zhanguozeitlichen Gräbern anderer Gegenden gefundenen liuli Perlen gehören zu diesem Typ. Dieser Typ liuli Perlen ist den Perlen aus dem Westen sehr ähnlich.

5) Die liuli Bestandteile sind unterschiedlich. Die Ergebnisse früherer chemischer Untersuchungen von in China gefundenen liuli zeigen, daß sie aus Bleibariumglas (qianbei boli 鉛鋇玻璃) bestehen, während westliche aus Sodakalkglas (nagai boli 鈉鈣玻璃) bestehen. Unser Museum hat gegrabene schwarzgrüne, hellgrüne und maisgelbe liuli bi an das Labor des Geologischen Instituts der Provinz eingereicht mit der Bitte um eine Mikrolaser Spektrogramm Analyse (xianwei jiguang guangpu fenxi 顯微激光光譜分析). Daraus geht hervor, daß die Hauptbestandteile Silizium (Si, gui ), Blei (Pb, qian ) und Barium (Ba, bei ) waren. Dadurch wurde die Zugehörigkeit der Stücke zum Bleibariumglas bestätigt. Die Anteile von Silizium und Blei waren grundsätzlich gleich, wobei die maisgelben Stücke weniger Barium, jedoch etwas mehr Eisen (Fe, tie ) und Aluminium (Al, ) enthielten. Die hellgrünen Stücke enthielten etwas weniger Eisen und Aluminium; die schwarzgrünen Proben enthielten mehr Kalzium (Ca, gai ), aber weniger Eisen.

Viele Gelehrte haben sich schon mit den Problemen des alten liuli in China beschäftigt. Die gegenwärtig ältesten Beispiele für liuli in China sind die ‘weiße Glasperlen’ (baise liaozhu 白色料珠) aus einem Grab vom Anfang der Westzhouzeit in Longjiagou 龐家溝, Luoyang, Henan; die ‘hellgrünen Glasperlen’ (qianlüse liaozhu 淺綠色料珠) von westzhouzeitlichen Gräbern von der Zhongzhoulu 中州鹿 in Luoyang; die über 1000 liuli Perlen und Röhrchen aus westzhouzeitlichen Gräbern in Rujiazhuang 茹家庄, Baoji 寶雞, Shaanxi. Die von letzteren untersuchten Perlen gehörten auch zu dem ‘Bleibariumglas’ und Yang Boda 楊伯達 bestimmte sie als „Glas aus chinesischer Eigenproduktion“. Glas aus der Chunqiu und Zhanguo Periode wurden im ganzen Land häufig ausgegraben, meist als kleine Stücke wie Perlen oder Röhrchen, jedoch nur wenige Typen. Unabhängig von Zahl und Typ sind die in Chu Gräbern in Changsha ausgegrabenen liuli am zahlreichsten.

Oben habe ich eine Untersuchung von fünf Besonderheiten durchgeführt. Aber auch die bi, yuan, huan, ‘Stichblatt’ und Schwertgriff sind traditionelle chinesische Formen; Wolkenmuster, Reiskornmuster, Drachenmuster sind traditionelle chinesische Dekore; um so mehr sind die Zeichen auf dem Siegel etwas typisch chinesisches; auch die chemische Zusammensetzung aus Bleibarium ist verschieden vom westlichen Sodakalkglas. Aus diesen vier Punkten kann man schließen, daß diese liuli in China gefertigt wurden. Changsha war dabei sehr wahrscheinlich eines der liuli Herstellungszentren.

Warum war aber die liuli Industrie im Gebiet um Changsha so entwickelt? Meiner Meinung nach liegt das begründet darin, daß in Changsha kein Jade abgebaut werden konnte. Bi, yuan und huan waren damals verbreitete Ritualgegenstände, mit Jade eingelegte Schwerter besonders wertvoll. Da aber einfachere Leute nur schwer an Jade herankamen, wurden die Anstrengungen zur Herstellung von liuli unternommen.

Die im Westen häufig vorkommenden liuli Perlen mit Libellenaugen (‘eye beads’) ähneln den liuli Perlen aus zhanguozeitlichen Gräbern in China nach Form, Dekor und Farbe sehr. Aber sind nun die in China gefundenen liuli Perlen aus dem Westen eingeführt worden? Oder wurden sie in China hergestellt? Diese Frage verdient genauere Untersuchung. Yuan Hanqing hat eine chemische Untersuchung von liuli Perlen aus Changsha und Luoyang durchgeführt. Das Ergebnis war, daß alle Stücke Glas mit erhöhtem Blaibarium Gehalt waren, was bestätigt, daß diese liuli Perlen in China hergestellt wurden. Weil die westlichen und chinesischen Perlen sich so ähnlich sind kann man daraus auf gegenseitige Beeinflussung und Austausch schließen. Tatsächlich konnte bewiesen werden, daß die im Westen hergestellten liuli älter als die chinesischen sind. Die frühesten in Babylon ausgegrabenen liuli datieren von ca. 2700 B.C. Dennoch stammen die erwähnten westzhouzeitlichen liuli Perlen und Röhrchen aus chinesischer Produktion und lassen keinen Einfluß des Westens erkennen. In der Zhanguozeit hatte der Verkehr zwischen China und dem Westen bereits begonnen, also können westliche liuli nach China gekommen sein. Das war die Vorraussetzung für die Imitation der „Augenperlen“. Natürlich kann man nicht ausschließen, daß ein Teil dieser „Augenperlen“ aus dem Westen stammen. Die Beantwortung dieser Frage setzt jedoch erst noch mehr Analysen westlicher Stücke voraus. Shi Shuqing ist der Ansicht, „luli陸離 sei liuli, womit er meiner Meinung nach vollkommen recht hat. Nach seine Statistik kommt „luli“ in den Chuci 楚詞 mehr als siebenmal vor. Das zeigt: da in dem Gebiet von Chu und Hunan die Leute häufiger schöne, farbige liuli-Gegenstände benutzten, konnten Dichter wie Qu Yuan 屈原 diese in den Chuci mehrfach ansprechen.