Frankfurter Rundschau, Dokument erstellt am 17.07.2003 um 15:25:50 Uhr
 
     
 
Schätze chinesischer Kaiser in Berlin

Berlin (dpa) - Unter dem Titel "Schätze der Himmelssöhne" ist von diesem Freitag an im Alten Museum in Berlin eine weltweit einmalige Ausstellung kostbarer Meisterwerke aus China zu bewundern. Die 400 Exponate aus der Zeit von 4000 vor Christus bis ins späte 19. Jahrhundert stammen aus dem Nationalen Palastmuseum in Taipeh (Taiwan), wo sie seit dem chinesischen Bürgerkrieg 1949 lagern. Zehn Jahre hat es gedauert, die spektakuläre Schau nach Deutschland zu holen. Die Organisatoren sprachen von einem juristischen, diplomatischen und politischen Kraftakt.

Jade- und Elfenbeinschnitzereien, Bronzegefäße, Schriftrollen, Porzellan, Kalligrafien und Schreibzeug sammelten chinesische Kaiser von ungefähr 140 vor Christus an in ihren Palästen. Der eifrigste von ihnen war Koa-tsung. Der von 1736 bis 1795 regierende Kaiser habe dem Schatz antiker und zeitgenössischer Werke sein heutiges Gesicht gegeben, sagte Ausstellungskuratorin Ursula Toyka-Fuong. Nach der Gründung der Republik China 1912 wurden die Sammlung erstmals 1925 in der Verbotenen Stadt Pekings der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ältestes der 400 Exponate ist ein Jadeanhänger in Form eines stilisierten Vogels aus der Hung-Shan-Kultur (4700 bis 2920 vor Christus) aus der Zeit des Neolithikums (Jungsteinzeit). In großformatigen Landschaftsgemälden und Porträts, Ritualbronzen und - waffen, Emailmalereien, Büchern und Kleidungsschmuckstücken zeigen sich teilweise buddhistische und mongolische Einflüsse.

Mit insgesamt 650 000 Objekten, davon allein 18 000 Keramiken und Porzellanstücken, ist die kaiserliche Sammlung die größte chinesische Kunstsammlung weltweit. In den Wirren des chinesischen Bürgerkriegs wurde sie auf der Flucht vor der Roten Armee von der bürgerlichen Regierung nach Taiwan ausgelagert, wo sie 1965 mit dem Nationalen Palastmuseum in Taipeh ein eigenes Haus erhielt. Die Anwesenheit von Kultur-Staatssekretärin Tchen Yu-Chiou in Berlin unterstrich die Bedeutung, die die taiwanesische Regierung der Ausstellung in Deutschland gibt. Zur Ausstellungseröffnung am Abend wurde auch die First Lady Taiwans, Wu Shu-chen, erwartet.

Über Rückgabewünsche der Regierung der Volksrepublik China wollten die Ausstellungsmacher nicht reden. "Natürlich gehören diese Schätze der gesamten Menschheit", sagte Klaus-Peter Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. Im übrigen hätten alle historischen und großen Sammlungen weltweit das Problem mit unklaren Eigentumsverhältnissen, ergänzte Wenzel Jacob, Intendant der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle, die die Schau organisiert hat. Zuvor seien die Kunstschätze schon in den USA und in Paris unbeanstandet zu sehen gewesen. "Die chinesische Kulturrevolution hätte alles zerstört", gab eine Frau aus Taiwan zu bedenken.

Deutschland wird sich im kommenden Jahr mit der Ausstellung "Genius in Deutschland von Goethe bis in die Moderne" in Taipeh revanchieren. In Berlin ist die Ausstellung bis zum 12. Oktober zu sehen, in Bonn in leicht abgewandelter Form vom 21. November bis zum 15. Februar. Der Katalog kostet 26 Euro.

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